Warum ich unser Brot selber backe

4. Juni 2017

Warum ich unser Brot selber backe

4 Comments

Damals…

Erinnerst du dich noch an früher? Da ging man zum Bäcker und kaufte Brot. Oder Brötchen. Und wenn man die frischen Backwaren dann zuhause hatte, roch plötzlich die ganze Wohnung danach. Das war großartig.

Früher, da hatten die Bäcker auch noch Brotsorten, die sich nicht nur darin unterschieden, wie viel Farbe zugesetzt wurde. Da haben die Bäcker den Teig noch selbst zubereitet und nicht bloß einen Sack aufgeschnitten und den Inhalt mit Wasser verquirlt. Nein. Damals nicht.

Damals gab es sogar Brötchen, die aus Teig bestanden und nicht bloß aus Luft. Die hatten sogar einen eigenen Geschmack. Genau wie das Brot. Und das war auch genau richtig so.

Und heute?

Heute gibt es beim Bäcker üblicherweise ein Brot1]. Und dieses Brot gibt es in verschiedenen Größen, Farben und mit veränderlichem Saaten-Anteil. Und bei jeder Bäckerei-Kette haben die Brote dann andere Formen, damit sie sich von der Konkurrenz absetzen kann, die Kette. Das ist voll super. Aus unternehmerischer Sicht. Aus unserer Sicht ist das dann doch eher so semi.

Man muss nur den richtigen Bäcker finden.

Irgendwann merkt man dann, dass einem dieses Brot nicht mehr so richtig schmeckt und man wird ein wenig melancholisch. Ich habe keine Ahnung, wie oft Anne mir sagte, sie wolle so gern mal wieder ein richtiges Brot essen. Eins aus Roggen. Mit Sauerteig. Und einer richtigen Kruste. So eins, wie es das früher halt mal gab.

Was macht man als guter Mann? Klar. Man macht sich auf die Suche, kauft Brot bei verschiedenen Bäckern, testet hier, testet da. Aber man findet es nicht. Also steht man nach kürzester Zeit ganz unvermittelt in einer Bio-Bäckerei und probiert sich da durchs Sortiment. Das muss doch was sein! Ist doch Bio!

Aber: nix da. Der Unterschied zu den Broten vom konventionellen Backbetrieb besteht nicht etwa darin, dass das Brot beim Bio-Bäcker handwerklich hergestellt würde, nein, der Unterschied besteht darin, dass die Zutaten unter ökologischen Gesichtspunkten hergestellt wurden. Man ist ja immer irgendwie versucht, dem ganzen Bio-Kram eine größere handwerkliche Güte zuzuschreiben, weil die viel beschworene „Bio-Qualität“ im Hinterkopf herumspukt. Ich glaube, der Fachbegriff dafür ist „Bullshit“.

Willste Brot? Musste backen.

Es kam also der Tag, an dem ich den ganzen Quatsch aufgab. Ganz ohne jeden Plan vom Backen beschloss ich, unser Brot ab sofort nur noch selber zu backen. Zack! Ab ins Internet und – Wie soll es anders sein? – bin ich beim Plötzblog gelandet2] und fünf Tage später hatte ich meinen eigenen Roggensauerteig. Da war ich schonmal stolz wie Bolle3].

Dann wurde es Zeit für mein erstes eigenes Brot und ich Schlaubi habe mir natürlich direkt ein reines Roggenbrot ausgesucht4]. Na klar. Man kann ja auch direkt mit hohem Schwierigkeitsgrad anfangen. Wieso auch nicht? Schnell noch einen alten Pizzastein aus dem Grillfundus geschnappt und lustig drauf los gebacken. Abenteuer.

Das Ergebnis war dann… ganz unglaublich, phantastisch, weltbewegend und revolutionär! Da war es endlich! Das Brot, nach dem wir so lange gesucht hatten. Rock’n’Roll!

Backen als Ausgleichssport

Fünf Monate ist das jetzt her. Seitdem hat sich die Sportgerätesammlung in der Küche massiv vergrößert: Gärkörbe in verschiedenen Größen, Bäckerleinen, ein massiver Backstein, Stipproller, und so weiter und so weiter. Dazu kommen dann diverse Mehle, die ich mittlerweile nur noch in 5-Kilo-Säcken kaufe und ein paar andere Kinkerlitzchen5]. Was sich auch geändert hat: in den letzten fünf Monaten haben wir keine Bäckerei mehr von innen gesehen6] und haben auch nicht vor, so bald wieder Brot zu kaufen.

Ein ganz schöner Nebeneffekt der ganzen Brotbackerei ist übrigens, dass ich finde, das das ein toller Ausgleichssport zu meinem Job als Projektmanager7] ist: Brot backen ist planbar. Die Parameter, die Einfluss auf den Teig haben, sind bekannt. Und: der Teig hält sich an die Regeln. Das ist toll. Noch viel toller ist aber, dass es so ein Brot nicht eilig hat. Man braucht Geduld. Und da ich der Auftraggeber bin, kann ich bestimmen, dass die Qualität jederzeit das Wichtigste ist und weder Quantität noch Deadline Vorrang haben.

DIY

Was will der Künstler jetzt damit sagen? Eigentlich ganz einfach: BACK. DEIN. BROT. SELBST! Dann kommt vielleicht soetwas dabei heraus:

Ohne mich selbst loben zu wollen – ich bin stolz auf mein Gebäck. Und das kannst du auch sein. Vielleicht bist du es ja sogar schon.

Ich für meinen Teil gehe jetzt backen. Heute gibt es freigeschobenes Dinkelbrot – und das ist mal sowas von lecker.

Bis bald,

der Hendrik


Liebe für alle! Teile diesen Beitrag:

Fußnoten

Fußnoten
1 Das ist ein angenommener Wert, den ich nicht mit Zahlen belegen kann. Aber darum geht’s ja nicht. Es geht um das zugehörige Gefühl. Echt jetzt. Sowas haben Männer auch. Hunger, zum Beispiel.
2 An dieser Stelle: Danke, Lutz! Was du da machst, ist einfach großartig!
3 Und das bin ich auch heute noch. Heute ist mein Sauerteig nämlich noch viel besser. Unglaublich triebstark und einfach nur lecker.
4 Weiche Teige sind super. Aber als Anfänger ist man darauf nicht so wirklich vorbereitet. Ich war es jedenfalls nicht.
5 Schönes Wort. Benutzt man ja auch viel zu selten.
6 Okay, ein oder zweimal schon. Kuchen und Brötchen, weil das Timing einfach nicht gepasst hat. Was soll’s?
7 Projektmanager trifft es eigentlich nicht ganz. Vermutlich gibt es da auch keine richtige Bezeichnung für. Afa, vielleicht.

Related Posts

Echt französisches Baguette

Echt französisches Baguette

Bald ist wieder Sommer. Das bedeutet, dass für die meisten Normalsterblichen die Grillsaison beginnt. Und was braucht man zum Grillen unbedingt? Klar. Baguette. Baguette ist die Grillbeilage überhaupt und passt sowieso irgendwie immer. Auch, wenn man mal nicht grillt. Vor allem diese Variante, die bei […]

Pizza, Pizza, Pizza!

Pizza, Pizza, Pizza!

Juhuu! Da ist er: der neue Pizzastein! Rechteckig und mit 3 Zentimetern Dicke endlich mal einer, der die Hitze auch speichert. Für das Backen in einem haushaltsüblichen Ofen ist das mehr als wichtig. Bislang habe ich in der Küche mit dem ziemlich dünnen und ziemlich […]



4 thoughts on “Warum ich unser Brot selber backe”

  • Es gibt tatsächlich noch gute Bäckereien, dass muss ich an dieser Stelle sagen. Eine davon beliefert unseren städtischen Unverpackt-Laden hier. Ob diese genauso backen wir wir zuhause, dass kann ich nicht sagen. Aber es schmeckt tatsächlich so, deshalb gehe ich davon aus.

    Das ist aber wirklich das einzige Brot, welches ich noch kaufe. Alles andere wird selbst gebacken, und meist auch relativ schnell weggefuttert ????

    • Ja, davon habe ich auch schon gehört. Ich glaube, ein paar wenige gibt es tatsächlich noch. Das ist toll! Ich fürchte nur, wir leben hier trotz Ballungsgebiet im kulinarischen Ödland. Wir haben hier jedenfalls echt nichts Gutes finden können. :/
      Und jaaaa… frisch gebackenes Brot! Das hat fast ein bisschen was von Drogen… man kann einfach nicht aufhören. ????

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.